Der vergangene Freitagnachmittag stand für die ersten, zweiten und dritten Klassen ganz im Zeichen der eigenen Interessen und Begabungen. Welches Schwerpunktfach liegt mir? Welches Ergänzungsfach interessiert mich? In welches Thema soll ich mich während eines ganzen Jahres in meiner Maturaarbeit vertiefen?
Michael Volkart und Corina Tobler
Im Verlauf ihrer vierjährigen Karriere an der Kantonsschule haben die Schülerinnen und Schüler wiederholt die Möglichkeit, eigene Interessen in die Fächer- und Themenwahl einfliessen zu lassen und damit ihre ganz persönlichen Weichen auf dem Weg zu ihrer Matura zu stellen. Am Nachmittag des 10. November fanden für die 27M-, 26M- und 25M-Klassen Spezialveranstaltungen statt, mit denen sie auf diese Entscheide vorbereitet werden.
Erste Weiche: Das Schwerpunktfach
Für die Schülerinnen und Schüler der ersten Klassen ging es an diesem Nachmittag um die Wahl des Schwerpunktfachs, das sie ab der zweiten Klasse bis zur Matura belegen. Mit Italienisch, Latein, Russisch und Spanisch stehen dabei einerseits vier Sprachen als Schwerpunktfächer zur Auswahl. Demgegenüber stehen die Schwerpunktfächer Biologie/Chemie, Physik und Anwendungen der Mathematik (PAM) sowie Wirtschaft und Recht, die weitere Vertiefungsmöglichkeiten bieten.
Einigkeit trotz Konkurrenz
Am Informationsnachmittag erhielten die Schülerinnen und Schüler einen kurzen Einblick in die Unterrichtsinhalte, die sie in den Schwerpunktfächern erwarten und sie konnten erfahren, welche Kenntnisse und Kompetenzen sie dabei erlernen können. Obgleich es sich bei der Präsentation der Schwerpunktfächer um eine Art Werbeveranstaltung handelt, war dabei nur wenig Konkurrenzdenken zu verspüren, wie ein Besuch bei den gemeinsam präsentierten Fächern Italienisch und Spanisch zeigte.
Statt die Vorzüge ihres jeweiligen Fachs ins Zentrum zu rücken, vermittelten Monica Marotta und Juan Antonio González vielmehr die allgemeine Begeisterung für das Erlernen einer Sprache. Ein Ratespiel zur Herkunft von kulturellen Bräuchen, Gewohnheiten und Esswaren zeigte die Unterschiede zwischen den beiden Kulturräumen auf und machte gleichzeitig klar, dass es auch viele Gemeinsamkeiten gibt. Wer eine Sprache lernt, so wurde aus den Ausführungen der beiden Lehrpersonen klar, dem oder der eröffnet sich eine neue Welt.
Zweite Weiche: Das Ergänzungsfach
Nachdem die Schülerinnen und Schüler im Verlauf des ersten Jahres ihr Schwerpunktfach festgelegt haben, erfolgt ein Jahr später mit der Wahl des Ergänzungsfachs eine weitere Möglichkeit, den eigenen Interessen fokussiert nachzugehen. Das Ergänzungsfach wird während des dritten und vierten Schuljahrs besucht. Wie das Schwerpunktfach werden auch im Ergänzungsfach Noten für die Matura generiert, allerdings ohne eine abschliessende Maturaprüfung. Der Katalog im Ergänzungsfach ist noch einmal etwas breiter und umfasst die folgenden Fächer: Bildnerisches Gestalten, Biologie, Chemie, Geschichte, Geografie, Informatik, Musik, Physik und Anwendungen der Mathematik, Psychologie / Philosophie / Pädagogik (PPP), Sport sowie Wirtschaft und Recht.
Interdisziplinarität als Chance
Während viele der Ergänzungsfächer eine Vertiefungsmöglichkeit in einem Grundlagenfach darstellen, ist dies im Ergänzungsfach PPP nur bedingt der Fall, denn Psychologie und Pädagogik sind keine Grundlagenfächer und Philosophie gibt es nur im letzten Jahr vor der Matura. So vermag es denn auch nicht zu erstaunen, dass auf die Frage Valentina Hipps, die die Präsentation des Ergänzungsfachs durchführte, was denn der Gegenstand der drei Fächer sei, aus den Reihen der Schülerinnen und Schüler nur verhaltene Antworten zu hören waren.
Gemeinsam ist den drei Disziplinen, so erklärte Hipp, der Blick auf den Menschen. Ziel sei es, «das eigene Erleben, Denken und Verhalten sowie die Entwicklung des Menschen besser zu verstehen». Die Psychologie und die Pädagogik verfolgen dabei einen primär empirischen, also durch Studien und Experimente geleiteten Ansatz, um diese Fragen zu beantworten. Philosophische Antworten sind im Gegenzug eher Produkte der vertieften eigenen Reflexion, die im Austausch mit anderen generiert werden. Passen diese Fächer also überhaupt zusammen? Die Antwort auf diese Frage wird im Verlauf der Präsentation ersichtlich. Gerade eben durch die Kombination der verschiedenen Ansätze eröffnet sich das Potential für ein vertieftes Verständnis des Menschen und der Fragen, die ihn beschäftigen.
Dritte Weiche: Die Maturaarbeit
«Was tun Sie während der nächsten Sommerferien?» Mit dieser Frage startete für die dritten Klassen, die ihre Schwerpunkt- und Ergänzungsfächer bereits belegen, ihr Spezialanlass am vergangenen Freitag. Erst am Samstag zuvor hatten die 25M-Klassen noch die öffentlichen Präsentationen der aktuellen vierten Klassen besucht, nun sind sie selbst gefordert. Für sie erfolgte nämlich der Startschuss zu ihrer eigenen Maturaarbeit.
Kurz fassen braucht Zeit
Wer nun denkt, die Antwort auf Rektor Marcello Indinos Startfrage am Anlass sei, «ich werde die ganze Zeit an meiner Maturaarbeit schreiben», liegt falsch. Denn, so betont er, eine erfolgreiche Maturaarbeit habe sehr viel mehr mit dem Frühling und den Ferientagen zu jener Zeit zu tun als mit geopferten Sommerferien.
«Ab heute haben Sie genau 40 Wochen Zeit bis zum Abgabetermin Ihrer Arbeit am 26. August 2024», rechnet Indino den Schülerinnen und Schülern vor. Das klinge nach viel, sei aber, in Anbetracht der nötigen Schritte sowie der Tatsache, dass der Regelunterricht weiterlaufe, weniger als man denken könnte. Es lohnt sich, streicht Indino hervor, früh zu beginnen. Die Themensuche startet sofort, ebenso darf nun das Gespräch mit möglichen Betreuungslehrpersonen gesucht werden, denn die erste Deadline – kurz vor Weihnachten – gilt der Themen- und Betreuersuche.
Die Produktion der Arbeit sollte vor allem in den Monaten vor den Sommerferien erfolgen, erklärt Indino. Dies verschafft Zeit für eine Pause im Sommer sowie fürs Editieren und Verbessern der Arbeit. «Die Aussage: Ich habe keine Zeit gehabt, mich kurz zu fassen, sollte nicht aus Ihrem Mund zu hören sein», empfiehlt Indino und will damit die Klassen darauf sensibilisieren, weder die Wichtigkeit noch den Zeitbedarf für die Überarbeitung des Geschriebenen zu unterschätzen. Dies ist nicht nur inhaltlich wichtig, sondern im Extremfall auch, weil verspätete Abgaben mit starken Notenabzügen geahndet werden, um Fairness sicherzustellen.
Hilfestellungen annehmen
Der Rektor betont aber nebst den geltenden Regeln und den Zeitfallen, in die immer wieder Schülerinnen und Schüler tappen auch die Unterstützung, die sie beanspruchen können. Die Campus-Bibliothek mit ihrem umfangreichen Angebot and Suchfunktionen und Ausleihen sowie fachkompetentem Personal kann den Jugendlichen ebenso unter die Arme greifen wie das Wissen, das sie in diversen prozessbegleitenden Workshops erhalten. «Einen ersten solchen Workshop werden Sie bereits im Januar in der Klassenstunde besuchen. Dann wird es um Quellenarbeit gehen», kündigt Marcello Indino an.
Nicht zu unterschätzen sei auch die Rolle der Betreuungslehrperson. «Bedenken Sie, dass man ein Thema aus diversen Gesichtspunkten betrachten kann und schauen Sie sich die Fächerkombination der Lehrpersonen an, um herauszufinden, ob sie in Frage kommen», gibt Indino den 25M-Klassen mit auf den Weg. Man darf bereits jetzt gespannt darauf sein, wohin dieser Weg sie führen wird.