KI lernen statt KI lernen lassen

KI lernen statt KI lernen lassen

Dieses Semester fand eine zweitägige schulinterne Lehrpersonenfortbildung (SchiLf) statt, die sich intensiv mit dem Thema der künstlichen Intelligenz und ihrem Einfluss auf den zwischenmenschlichen Umgang sowie auf die Maturitätsarbeit beschäftigte. Das Resultat sind Neuerungen rund um die Arbeit, die bereits für den 27M-Jahrgang greifen. Der Kick-Off für die neuen Arbeiten fand diese Woche statt.

Corina Tobler

Das Fachgespräch. Es ist seit dieser Woche an der KSK in aller Munde – zumindest in den dritten Klassen, die im Rahmen des Kick-Offs zu ihrer Maturitätsarbeit von Prorektorin Julia Heier oder Rektor Marcello Indino besucht wurden. Dabei informierten die beiden auch über das erste spürbare Resultat der SchiLf, die Einführung des Fachgesprächs über die Maturitätsarbeit.

30 Prozent der Note

Die Dauer der Präsentation wird verkürzt und ein Fachgespräch eingeführt, das 30 Prozent der Endnote für die Arbeit generiert. Während der Präsentation, die nach wie vor am zweiten Samstag nach den Herbstferien stattfinden und öffentlich sein wird, können die Jugendlichen einen ausgewählten Aspekt ihrer Arbeit aufgreifen, vertiefen und Fragen dazu beantworten. Nach 15 Minuten verlässt das Publikum den Raum und das Fachgespräch (auch 15 Minuten lang) findet statt. Anwesend sind die Betreuungslehrperson, die Co-Referentin/der Co-Referent und die Autorin/der Autor der Arbeit. Ziel des Gesprächs: Die Maturandinnen und Maturanden zeigen, dass sie sich intensiv mit ihrem Thema befasst haben, können kompetent in der fachlichen wie prozessbezogenen Diskussion Auskunft geben und Einwänden überzeugend begegnen.

«Das Fachgespräch, das fast schon einem Rigorosum an den Universitäten ähnelt, hat in unseren Augen vielerlei Vorteile. Es fördert die beispielsweise in unserem Leitbild festgehaltenen Future Skills und hilft Schülerinnen und Schülern, die sich mündlich besser als schriftlich ausdrücken können», hält Julia Heier fest. Laut Marcello Indino sei es ausserdem eine Reaktion auf die Tatsache, dass die Maturitätsarbeit als langfristige selbständige Arbeit, die vor allem ausserhalb der Schule entsteht, besonders von den Möglichkeiten betroffen ist, KI zu verwenden. «Die SchiLf war von Anfang an mit Schwerpunkt KI geplant, der Fokus auf die Maturitätsarbeit hat sich im Laufe des jüngsten Zyklus von Arbeiten herauskristallisiert. Es herrscht grosse Unsicherheit, bei Lehrpersonen wie auch in der Schülerschaft, wenn es um KI-Einsatz geht», sagt Rektor Marcello Indino zum Hintergrund der SchiLf-Thematik. Er blickt positiv auf die zwei Tage zurück, die zu einem guten Ergebnis geführt hätten.

Rektor Dr. phil. Marcello Indino und Prorektorin Julia Heier widmen sich dem Thema Maturitätsarbeiten in Zeiten von KI. (Zeliha Köklü)

Mensch im Mittelpunkt

«Minimalistisch gesprochen ist das Resultat, dass wir versuchen werden, die Problematik im Bereich Maturitätsarbeit über das Fachgespräch zu lösen. Was mir aber wichtiger erscheint, ist die Tatsache, dass wir besonders am zweiten Tag vieles besprochen haben, das nicht mit Maschinen, sondern mit Menschen zu tun hat.» Menschenbilder, auch Vorstellungen über Schülerinnen und Schüler seien Thema gewesen, was direkt zum Kern der Lehrtätigkeit führe. «Es geht um die Schülerinnen und Schüler und darum, ihnen wenn irgend möglich einen sinnvollen Umgang mit KI beizubringen», betont Indino.

Dieses Anliegen, aus Indinos Sicht der zentrale Punkt, geht weit über die Maturitätsarbeit hinaus. «Wie können wir bei denjenigen Schülerinnen und Schülern, die sich einen sehr leichtfertigen Einsatz von KI angeeignet haben, das Mindset ändern? Sie müssen erkennen, was sie sich verbauen, wenn sie die Maschine als scheinbare Abkürzung im Lernprozess verwenden und diesen so umgehen», sagt Indino. Auch deshalb ist er klar der Ansicht, dass die Arbeit im Bereich KI mit der Einführung des Fachgesprächs nicht getan ist.

Es bleibt noch viel zu tun

Einerseits erhofft er sich im Laufe der Zeit immer mehr Ideen und Möglichkeiten, die sinnvolle KI-Nutzung, ohne Gefährdung des Lernprozesses, zu thematisieren und so das aus seiner Sicht wichtigste längerfristige Ziel in Bezug auf KI und die SchiLf zu erreichen. «Eine solche Möglichkeit bietet das Fachgespräch, auf das die Schülerschaft natürlich vorbereitet werden soll», so Indino.

Andererseits gibt es auch im Bereich Maturitätsarbeit noch viel zu tun. Die Einführung des Fachgesprächs hat Konsequenzen. «Es gibt noch diverse offene Fragen, etwa diejenige nach dem Betreuungsprozess. Wir haben gerade eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die diese Fragen klären soll, damit nach dem Schulversuch, den wir mit dem 27M-Jahrgang starten, eine definitive Version des neuen Prozesses rund um die Maturitätsarbeit eingeführt werden kann», erklärt Indino. Zu den Aufgaben der Gruppe werden sowohl Inhalte – «Kolloquien während des Prozesses kamen als Idee auf» – als auch finanzielle und organisatorische Punkte gehören. «Der Betreuungsaufwand steigt», hält der Rektor fest und verweist auf die neue Obergrenze von vier Arbeiten pro Lehrperson und die Einführung des Co-Referats bei allen Arbeiten.

Die Themenvielfalt der diesjährigen Maturitätsarbeiten spiegelte sich in den Postern zu den Präsentationen wider. (Julia Heier)

Der Mehraufwand ist auch Indiz dafür, dass das Fachgespräch für und nicht gegen die Schülerschaft eingeführt wird. «Ein Gymnasium bereitet auf die Uni vor. Dort wird immer mehr auf Fachgespräche gesetzt», so Indino. Wichtig sei, die Klassen an der KSK möglichst gut an diese Art Leistungsnachweis heranzuführen. Schliesslich hat die KSK wie jedes andere Schweizer Gymnasium die Aufgabe, die Schülerschaft studierfähig zu machen. Die Kompetenzen im Dialog, losgelöst von maschineller Hilfe, sind in Zeiten künstlicher Intelligenz von enormer Zukunftsträchtigkeit.

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