Alle 74 Kandidatinnen und Kandidaten bestanden die Matura. Ihr Zeugnis nahmen sie am 28. Juni im «Dreispitz» in Empfang. Neben der Zeugnisübergabe als Höhepunkt prägten Gedankenanstösse und Erinnerungen in Reden sowie musikalische Beiträge die Feier. Zudem wurden vier herausragende Maturaarbeiten prämiert.
Corina Tobler
Die vier Klassen, die am Freitagabend im «Dreispitz» die vordersten Reihe füllen, haben in den vergangenen Jahren viel geleistet und jede Menge gelernt. Der Fächerkatalog ist nirgends breiter als an den Kantonsschulen, die Abgängerinnen und Abgänger verfügen über eine Allgemeinbildung auf hohem Niveau. Diese Bildung dient ihnen als Grundlage dafür, auf der tertiären Bildungsstufe ihren nächsten Schritt frei wählen zu können.
An der Maturafeier lädt Rektor Marcello Indino sie trotz gerade erreichten Bildungsziels zu einem weiteren Gedankenexperiment ein. Thema: Die Anfänge der Menschheit. «Stellen Sie sich vor, sie wären der allererste Mensch gewesen, wären dann aber stets wiedergeboren worden als zweiter, dritter und immer nächster Mensch», fordert er sie auf. Die Idee ist, das eigene Leben und das aller anderen zu leben, so wie es Philosoph William MacAskill, der Begründer des Effektiven Altruismus, erdachte.
Hype mit Langzeitwirkung
Wäre dies möglich, würde es unweigerlich dazu führen, dass Menschen nachhaltiger handeln würden. Ganz so weit, so Indino, sollten die Maturandinnen und Maturanden nicht gehen. «Die Vorstellung, alle Leben zu leben, wäre wohl auch erdrückend.» Stattdessen schlägt er die Sichtweise auf ihr Leben als Hype vor, in dem das Jetzt maximale Priorität einnimmt. Dies, erklärt Indino, sei durchaus sinnvoll, wenn einem der nötige verantwortungsvolle Umgang mit Hypes bewusst sei. «Wir tendieren dazu, die Bedeutung eines Hypes kurzfristig zu über- und langfristig zu unterschätzen.» In diesem Kontext gibt er den jungen Erwachsenen mit auf den Weg, den vierjährigen Bildungshype, den sie an der KSK erlebt haben, in seiner langfristigen Wirkung nicht zu unterschätzen. Diese werde sich in den kommenden Jahren immer wieder offenbaren.
Höchster Schnitt: 5.85
Auch aus der Schülerschaft kommt eine Rede. Ramon Dorer (4Ma) begrüsst auf Berndeutsch in Indino-Manier, bevor er das Feld für Leonie Lüders und Konstantin Gropp (auch 4Ma) räumt, die einen nicht nur ernstzunehmenden Rückblick auf vier Jahre Kanti mit vielen Veränderungen, Highlights und Lowlights werfen. Speziell das schauspielerische Talent der drei findet beim Publikum Anklang.
Mit Applaus belohnen die Anwesenden dann nicht nur alle Klassen während der Übergabe der Zeugnisse, sondern im Besonderen auch die Schülerinnen und Schüler, die Herausragendes geleistet haben. Im schulischen Bereich haben es 19 von ihnen geschafft, einen Notenschnitt von mindestens 5.3 zu erzielen, mit dem sie in die Schweizerische Studienstiftung aufgenommen werden können. Das beste Resultat erreichte Linda Holy (4Mc) mit 5.85.
Maturaarbeiten prämiert
Zudem zeichnet Prorektor Daniel Hurtado vier Maturaarbeiten mit dem Preis für Jugendförderung im Thurgau aus. Samira Eugster (4Ma) erhält den Preis für «Die 4-Tage-Woche – Das Arbeitskonzept der Zukunft?», betreut von Walter Schmid. Sie zeigte auf überzeugende Weise auf, was es in Theorie und Praxis für die Umsetzung solch neuer Modelle braucht und untermauerte dies mit eigenen Daten. Fabienne Hirsch (4Mb), betreut von Nadja Strada, wird für «Die Diskriminierung der Brown Babies: Eine Suche nach Identität im Nachkriegsdeutschland» ausgezeichnet. Ihre Arbeit überzeugte mit akribischer Arbeit im Theorieteil und mit einer eindrücklichen Erzählung. Beide zeigen, wie Diskriminierung und Rassismus das Leben betroffener Menschen stark prägen können. Jannis Mosberger (4Mz) gewinnt mit «Strategic Interests and Regime Politics: Unpacking Russia’s Decision to Invade Ukraine», betreut von Daniel Hurtado. Besonders die äusserst gründliche und sorgfältige Recherche und das differenzierte Verständnis des Konflikts, das resultiert, werden gelobt. Marlene Mössner (4Mb) gewinnt mit «myMens – Ein Projekt zum nachhaltigen Umgang mit der Menstruation an der KSK», betreut von Walter Schmid. Ihr gelang es, das Thema «Umgang mit der Menstruation» als innovatives Projekt mit Pioniercharakter umzusetzen. Sie lancierte an der KSK eine Sensibilisierungskampagne und stellte langfristig die Verfügbarkeit von Gratis-Menstruationsartikeln sicher. Damit leistet sie einen nachhaltigen Beitrag dazu, das Thema Menstruation zu enttabuisieren.
Vielfältige Intermezzi
Weitere Ehrungen für Engagements zugunsten der KSK gingen an Marius Marschke (4Ma) und Kilian Betschen (4Mz) für ihre Arbeit im Präsidium der Schülerorganisation sowie an Leonie Lüders (4Ma), die wiederholt am European Youth Parliament sowohl als Delegierte als auch in leitender Funktion national und internationl unterwegs war. Ein breites Spektrum an musikalischen Intermezzi aus den Reihen der vierten Klassen runden die Feier ab. Die Beiträge reichen von Coldplay und Billie Eilish bis hin zum Waldhornquartett und «Careless Whisper». Auch hier zeigen die Maturi und Maturae ihre vielfältigen Talente, die sie nach diesem Abend an anderen Orten weiter entfalten werden.
Die KSK wünscht allen auf ihrem weiteren Weg viel Erfolg und Erfüllung, in der Hoffnung, der Bildungshype halte an.