Schulautonomie und Campussynergien

Schulautonomie und Campussynergien

Der Grosse Rat des Kanton Thurgau hat am 6. Dezember 2023 dem Budget 2024 zugestimmt und damit auch grünes Licht für die Restrukturierung des Hausdiensts auf dem Campus Bildung Kreuzlingen gegeben. Ab dem neuen Jahr gehört der Hausdienst der KSK auch formal unserer Schule an. Diese erfreuliche Entwicklung gibt Gelegenheit, um sich Gedanken zur Synergienutzung auf dem gemeinsamen Campus zu machen. 

Marcello Indino

Zusammen mit den Neubauten der Pädagogischen Hochschule Thurgau entstand 2008 mit dem Campus Bildung Kreuzlingen ein Bildungszentrum, das Ausbildungsstätten von der Primar- bis zur Hochschulstufe beherbergt. Kern des Campus bilden die Kantonsschule Kreuzlingen, die Pädagogische Maturitätsschule und die Pädagogische Hochschule Thurgau, die seither in ausgewählten Bereichen eng zusammenarbeiten, ohne die eigene Autonomie und Schulkultur aufgegeben zu haben.

Der gelebte Campus-Gedanke findet sich etwa in der Campus-Bibliothek wieder, die nach der Zusammenführung der Sammlungen der einzelnen Schulen zur zweitgrössten Bibliothek des Kanton Thurgau avanciert ist. Ein weiterer campusweiter Lebensort ist die gemeinsame Mensa, die sich jeweils an einer für alle Schulen gut erreichbaren Lage befindet. Beides sind soziale Drehscheiben, die einen inspirierenden Austausch zwischen den Schulen fördern sollen.

Physische und soziale Synergien

Daneben werden auch jene räumlichen Ressourcen, die enger an eine bestimmte Schule gebunden sind, nach Möglichkeit allen Campus-Schulen zur Verfügung gestellt. Bestes Beispiel ist die gemeinsam genutzte Campus-Aula, die sich in den Gebäuden der PMS befindet. Diese gegenseitige Öffnung der Räumlichkeiten der einzelnen Schulen löst daher mehr als nur räumliche Engpässe – es giesst den Campus-Gedanken in eine infrastrukturelle Form. Weiterer Ausdruck davon sind die gemeinsamen Weiterbildungen der Lehrpersonen und Dozierenden an der Pädagogischen Hochschule, das gemeinsame Freikursangebote für Schülerinnen, Schüler und Studierende sowie die gemeinsamen Anlässe, wie etwa die Campus-Serenade, die Musikerinnen und Musiker der KSK, der PMS und der PHTG in einem stimmigen Rahmen zusammenführt.

Die Informatikabteilungen als Synergie-Optimum

Auf operativer Ebene stellt die Struktur der gemeinsamen Informatikabteilung ein Modell beispielhafter Synergienutzung dar, weil sowohl Arbeitsteilung als auch die Anstellungsverhältnisse so organisiert sind, dass die drei einzelnen Campusschulen ideal voneinander profitieren, ohne dass Reibungsverluste entstehen, wo Zusammenarbeit effektiv keinen Gewinn bringt: Die Systemtechnik im Informatikbereich ist zentral an der PHTG angesiedelt und bedient alle drei Betriebe, also auch die PMS und die KSK. Die Betreuung des Rechenzentrums und die gesamte Plattformentwicklung obliegen dieser gemeinsamen Abteilung. Und die Abteilung Systemtechnik plant wiederum die für den gesamten Campus erforderliche Netzwerkinfrastruktur. Die Einbindung aller drei Institutionen wird über die sogenannte Koordinationskommission (KoKo) ICT gewährleistet: In regelmässigen Abständen und mehrmals je Semester kommen die Verantwortlichen der einzelnen Betriebe zusammen, legen Strategien fest, besprechen Budgetpunkte, klären Bedürfnisse und informieren sich gegenseitig über weitere Handlungsschritte und Projekte.

Diese Form der Synergie ist absolut gewinnbringend, da die drei Campus-Schulen davon profitieren in einem Netz zu arbeiten, das zentral betreut wird. Die Mitarbeitenden der Systemtechnik sind ausschliesslich an der PHTG angestellt, jeder Betrieb verfügt aber darüber hinaus über hauseigene Informatikerinnen und Informatiker, die sich um die alltäglichen Geschäfte der jeweiligen Schulen kümmern. So fungieren die jeweiligen schulinternen Informatikabteilungen in erster Instanz als Dienstleistungszentren für 1st- und 2nd-Level-Support, indem sie Geräte aufsetzen und sich um hauseigene Anliegen wie Hardwarebeschaffung in den Räumen der eigenen Institution und für deren Mitarbeitende kümmern.  Sie organisieren und begleiten aber auch die Handwerker und Supportdienstleister und erstellen in Zusammenarbeit mit der jeweiligen Schulleitung die Informatikbudgets.

Grenzen der Synergien

Für all diese Aufgaben macht eine zentrale Stelle keinen Sinn, weil hierfür genaue Kenntnisse der Gegebenheiten direkt vor Ort vonnöten sind und sich diese in den verschiedenen Institutionen unterscheiden. Auch sind die Wege sehr kurz, was ein effizientes Arbeiten ermöglicht – eine institutionsweise Ansiedlung der Informatikabteilungen erweist sich folglich als absolut gewinnbringend. Wäre ein 1st- und 2nd-Levelsupport zentral organisiert, würden sich nur die Wege verlängern, das «Inhouse-Wissen» verschlechtern und viele Absprachen müssten getätigt werden, die sich als sinnlos erweisen und trotzdem nötig wären, weil eine zentrale Steuerung nur über Koordination und Einbindung von allen betroffenen Institutionen funktioniert.

Insofern war es nicht zielführend, dass die Hausdienste der einzelnen Schulen bis Ende 2023 anders organisiert waren als die autonomen Informatikabteilungen der einzelnen Schulen: Alle Mitarbeitenden der Hausdienste der drei Campus-Schulen waren bis jetzt bei der Pädagogischen Hochschule angestellt und somit formal deren Verwaltungsdirektion unterstellt. Dies, obwohl sie ihre Aufgaben ausschliesslich in den jeweiligen Schulen erfüllt haben.

Nicht zielführend war die bisherige Struktur auch, weil der Vernetzungs- und Kommunikationsbedarf der Hausdienstmitarbeitenden der einzelnen Campus-Schulen innerhalb des Campus Bildung Kreuzlingen sogar geringer ist als der Bedarf bei den Mitarbeitenden der einzelnen Informatikabteilungen. Im Regelfall bedarf es lediglich bei gegenseitigen Raumvermietungen Koordination zwischen den Hausdienstleitenden. Das gegenseitige Aushelfen bei Personalengpässen bilden Ausnahmesituationen, die auch mit der Restrukturierung nicht kompromittiert sind.

Die einzelnen Hausdienstmitarbeitenden waren faktisch schon in Vergangenheit auf operativer Ebene den jeweiligen Schulleitungen unterstellt, da sie nicht nur an den jeweiligen Schulen, sondern ausschliesslich für die jeweiligen Schulen tätig waren. Trotzdem wurden die einzelnen Hausdienstmitarbeitenden, um nur ein Beispiel zu nennen, zentral von der PHTG beurteilt, was zu sehr zeitintensiven Absprachen führte, weil die Verwaltungsdirektion der PHTG die einzelnen Mitarbeitenden im ihrem jeweiligen Arbeitsalltag kaum erleben konnte.

Ab dem neuen Jahr gehört der Hausdienst der KSK auch formal unserer Schule an. (Geraldine Lamanna)

Soziale Kernfunktion im Mikrokosmos Schule

Im Mikrokosmos der einzelnen Schulen spielen die Hausdienstmitarbeitenden sowohl im eigenen Fachbereich wie auch in sozialen Belangen eine tragende Rolle. Sie stellen durch ihre Präsenz auch ausserhalb der Unterrichtsräume eine Brücke zwischen den einzelnen Akteuren der Schulen dar und sind stets verfügbare Ansprechpersonen für alltägliche Fragen rund um die infrastrukturelle Seite des Schullebens. Dadurch haben sie eine hohe Identifikation gegenüber dem eigenen Arbeitsort – was aber durch das bisherige Arbeitsverhältnis nicht widerspiegelt wurde.

Motivational enorm wichtige Gesten der Wertschätzung und Förderung gegenüber den einzelnen Mitarbeitenden wurden durch die bisherigen Strukturen unnötig erschwert: Weiterbildungsanträge konnten nicht direkt mit den jeweiligen Schulleitungen in zeitlicher und finanzieller Hinsicht geplant werden; dasselbe galt für Ferien oder einzelnen Abwesenheitstagen. Notwendig war bisher eine Absprache mit der formal vorgesetzten Stelle, was gerade bei finanziellen Fragen viel Vorlaufzeit bedingte und eine unnötige Verkomplizierung der Prozesse hervorrief.

Identifikation und Bindung

In Zusammenhang mit dem akuten Fachkräftemangel ist zunehmend die Rede von den vier Formen der Bindung von Mitarbeitenden; also der rationalen, der perspektivischen, der emotionalen und der normativen Bindung. Während die bestehenden Strukturen die erste Form nicht negativ tangierten, hatten sie aber einen suboptimalen Einfluss auf die drei letztgenannten Bindungsformen: Die rationale Bindung umfasst Faktoren wie Altersvorsorge, Bonussysteme oder Arbeitszeitmodelle. Diese Anstellungsbedingungen sind kantonal geregelt und somit nicht direkt von der jeweiligen Vorgesetztenstelle abhängig. Wiederum war es bei den bisherigen Strukturen nicht ausgeschlossen, aber sicherlich unnötig erschwert, eine perspektivische Bindung (Aufstiegsmöglichkeiten, Weiterbildungschancen, Verantwortungsumfang) aufzubauen: Hier entstand durch erhöhten Abklärungsbedarf und der Involvierung verschiedener Stellen ein vermeidbarer Reibungsverlust, den letztendlich die direktbetroffenen Mitarbeitenden negativ zu spüren bekamen.

Offensichtlich war es kaum möglich, eine emotionale (Wertschätzung, Sinnstiftung) wie auch normative (gemeinsame Werte und Ziele, klare Zukunftsvisionen) Bindung herzustellen, da die Hausdienstmitarbeitenden zwar einen klar definierten Arbeitsort haben, der aber formal nicht deren Arbeitgeber entsprach: Die Direktbetroffenen waren operational wie auch sozial den jeweiligen Schulen verpflichtet beziehungsweise angebunden, formal aber Teil der Werte und Ziele einer anderen Institution. Dies ändert sich nun mit dem Jahreswechsel!

Willkommen zu Hause – und herzlichen Dank!

Nach einer über fünfstündigen Debatte hat der Grosse Rat des Kantons Thurgau am 6. Dezember 2023 dem Budget 2024 zugestimmt – und damit auch der Neustrukturierung der Hausdienste auf dem Campus Bildung Kreuzlingen. Per 1. Januar 2024 gehören die Hausdienstmitarbeitenden nun auch formal den einzelnen Schulen an, was mir aus den obengenannten Gründen ein grosses Anliegen war.

Auch wenn sich im schullischen Alltag nichts ändern wird, hat diese Restrukturierung mehr als Symbolcharakter: Wir dürfen uns fortan eins-zu-eins um die Anliegen und Bedürfnisse unserer Mitarbeitenden kümmern, die nun auf allen Ebenen Teil unserer Schulgemeinschaft sind. Unverändert wird dabei unsere Wertschätzung gegenüber ihrer wertvollen Arbeit bleiben. An dieser Stelle, einmal mehr, ein herzliches Dankeschön von uns allen für ihr grosses Engagement!

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